“Schwarzwälder Bier, Badischer Wein, Münster und Tannen hier sind mir daheim” heißt es in der Hymne des SC Freiburg, getextet von der Band Fisherman’s Fall. Dass das Bier ein Schwarzwälder Kulturgut ist, wissen nicht nur die Fußballfans. Das Tannenzäpfle, die Pils-Marke der Staatsbrauerei Rothaus, ist seit Jahrzehnten ein Kultgetränk weit über die Grenzen des Schwarzwalds hinaus. Und das obwohl – oder vielleicht gerade weil – die Etiketten des Biers vor 50 Jahren designt wurden und aussehen wie ein Klischee des Schwarzwalds. Eine rotbackige Schwarzwälderin in Tracht hält umrahmt von Tannenzapfen zwei Biergläser in die Höhe.
Was aber vielfach nicht bekannt ist: Der Retro-Look ist nicht nur Marketing. Das Schwarzwälder Bier kann tatsächlich auf eine lange Tradition zurückblicken. Die Rothaus-Brauerei wurde bereits 1791 gegründet. Auch andernorts schossen in dieser Zeit Brauereien wie Pilze aus dem Boden. So hatte im Jahr 1855 Wolfach im Kinzigtal mit seinen 1.500 Einwohnern drei Brauereien. 25 Jahre später gab es im Großherzogtum Baden schon 1.700 Brauereien. Viele Gastwirtschaften brauten ihr eigenes Bier.
Aber die Geschichte des Biers reicht noch weiter zurück. Schon die Kelten, deren Spuren sich auch im Schwarzwald finden, hatten Bier produziert und es „Korma“ genannt. Nicht nur keltische Männer, auch die Keltinnen hatten dem alkoholischen Trunk zugesprochen und an Spielen wie dem „Kottabos“ teilgenommen, bei dem der letzte Schluck nicht aus dem Becher getrunken, sondern auf ein Ziel geschleudert wurde. Gebraut hatten die Kelten mit Weizen oder Gerste. Zur geschmacklichen Verfeinerung hatten sie „Korma“ mit Honig, Früchten oder Beifuß gewürzt. Unappetitlich war allerdings gewesen, dass im fertig gebrauten Bier noch Getreidespelzen und andere Schwebeteilchen schwammen. Der griechische Gelehrte Poseidonios hatte im 1. Jahrhundert vor Christi beschrieben, wie die Kelten dieses Problem lösten: Ihre üppigen Schnurrbärte ließen sie über die Münder wachsen. So wirkten die Bärte wie Siebe, die alles aus dem Bier ausfilterten, was beim Trinken störte.
Ganz andere Sorgen plagten die Schwarzwälder Brauereien knapp zweitausend Jahre später: Im Schwarzwald wurde das untergärige Brauverfahren bevorzugt, das bei niedrigen Gärtemperaturen von 4 bis 9 °C die Umwandlung des Malzzuckers in Alkohol bewirkte. Solche Temperaturen im Brauprozess zu erreichen, stellte im 19. Jahrhundert eine große Herausforderung dar. Klimaanlagen oder Kühlschränke gab es noch nicht. Woher also die Kälte nehmen?
Es erwies sich als glückliche Fügung, dass die Winter im Schwarzwald lang und kalt sind. Das Kühlungsmittel wurde den Brauereien damit quasi frei Haus geliefert. Es musste nur noch abgebaut werden. Hierfür nutzten die Brauereien seinerzeit eigene Eisweiher. Ist die Eisdecke dort dick genug, brachen Eiser – oft Waldarbeiter ohne Beschäftigung – das Eis und zerkleinerten es. Das Eis wurde anschließend in Felsenkellern der Brauerei eingelagert und sorgte den ganzen Sommer über für kühle Temperaturen. Damit das Eis in den Kellern nicht zu schnell schmolz, ließen sich die Schwarzwälder Eiser etwas einfallen: Die gebrochenen Eisstücke wurden mit Sägemehl eingerieben und so auf natürliche Art und Weise isoliert.
Die Methode sorgte nicht nur für Arbeitsplätze für unterbeschäftigte Holzfäller, die Brauereien hatten auch eine Lösung für ein Problem entwickelt, das sich den Brauereien damals noch gar nicht stellte: Wie man Bier ohne Entstehung des klimaschädlichen CO2 kühlen kann.